Ich hab schon den Ehrgeiz, das Theater immer neu zu entdecken und dabei doch die Menschheit zu umfassen.
Von der Publikumsbeschimpfung (1966) bis Immer noch Sturm (2011): Peter Handke hat das deutschsprachige Theater maßgeblich geprägt. Anlässlich des 70. Geburtstages des Autors bietet das Österreichische Theatermuseum ab 31. Jänner erstmals einen umfassenden Einblick in Entstehung und Wirkung seiner Bühnenarbeiten.
Am 21.Oktober 1965 schrieb der damals 22-jährige Peter Handke an den Verleger Siegfried Unseld: »Ich habe gerade mit Ach und Krach ein Stück geschrieben. Es heißt ›Publikumsbeschimpfung‹ und ist mein erstes und mein letztes. Ich möchte es nun aufführen lassen und auch sonst dazu sehen, daß ich es vielleicht anbringe.« Schon im Juni 1966, kurz nach seinem legendären Auftritt vor der Gruppe 47 in Princeton, wurde das Stück mit seiner radikalen Kritik am konventionellen Theater in einer Inszenierung von Claus Peymann uraufgeführt. Es machte Handke über Nacht berühmt. In mittlerweile zwanzig Stücken entwickelte der Autor seither sein neues »episches Theater« und eine Theorie des »Wahrspielens« beständig weiter.
Die Ausstellung des Österreichischen Theatermuseums wird in Kooperation mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien von Klaus Kastberger und Katharina Pektor kuratiert und von Peter Karlhuber gestaltet. Ein umfangreicher Katalog mit zahlreichen Abbildungen ist im Verlag Jung und Jung erschienen.
Universelles Apfelsymbol.
Eine sehr fundierte Ausstellung zum 70. Geburtstag von Peter Handke reicht nun das Theatermuseum nach. Absolut gelungen und sehenswert.
Kleine Zeitung, Reinhold Reiterer
Handke und das Theater: Eine ideenreiche Inszenierung
(...) Auch der berühmte Auftritt Handkes bei der Tagung der Gruppe 47 lässt sich nachhören. Karlhuber lässt den Tonmitschnitt in einem Fotoautomaten ablaufen, in dem auch entsprechende Porträtfotos Handkes projiziert werden. Nur eine von vielen wunderbaren Gestaltungsideen, die vom Popdesigner 1970er bis zum tatsächlich in Ex-Jugoslawien hergestellten Einbaum (zu „Die Fahrt mit dem Einbaum"), vom Wanderstock Handkes aus den 1980ern bis zu einem echten Apfelbaum im Hof, der auf Handkes „Immer noch Sturm" und sein wiederholt verwendetes Apfelmotiv verweist.
Kärntner Tageszeitung
Eine Ausstellung im Theatermuseum beweist, Peter Handke war ein ernsthafter Rock 'n' Roller. Die Schau ist keine, für die bloß zerschnipselte Bücher in Vitrinen gelegt wurden. Hören, sehen und sogar Angreifen darf man.
Kurier, Barbara Mader
Handkes dramatische Wahrheit. Die kleine, aber reiche und kluge Ausstellung „Die Arbeit des Zuschauers" im Theatermuseum erzählt fast genauso viel über den Schriftsteller Peter Handke wie über sein Theater.
Die Presse, Thomas Kramar
Dichten mit der Kraft des Rock 'n' Roll. Flankiert von einem wunderbaren Materialbuch bei Jung & Jung, illustriert das Wiener Theatermuseum das Werden des Bühnenautors Peter Handke (70). Besonders suggestiv erzählt die Schau "Die Arbeit des Zuschauers" über Starwerdung und Frisurentwicklung. (...) Umgedrehte Bühnenstellwände markieren die Zerstörung der Illusionsapparate. Handke selbst brabbelt schüchtern in der akustischen Glocke einer Fotoautomatenzelle. Bereits im Innenhof des Theatermuseums klebt eine Tapetenwand mit Pop-Art-Muster: Betrachter, die sich am Military-Look nicht stoßen, können wie auf einem Suchbild nach dem Vorhandensein von Handke-Pilzköpfen fahnden.
DER STANDARD, Ronald Pohl
Schauen, hören, fühlen und schimpfen.
„Wer sich dafür rund eine Stunde Zeit nimmt, wird mit Sätzen wie diesem belohnt: „Ich kann das Wort Publikum nicht mehr hören."
Falter, Wolfgang Kralicek
Vom Beschimpfer zum "epischen" Dramatiker. Beim Verlassen der Ausstellung fällt mir ein Tisch auf. Dort können sich die Besucher einen Apfel nehmen – somit werden Dramengeschichte und Requisiten auch geschmacklich erfahrbar. Allen, die nach dem sinnlichen Genuss noch den Hunger nach weiteren Informationen stillen wollen, sei das treffliche Begleitbuch zur Ausstellung empfohlen, welches von den Kuratoren Klaus Kastberger und Katharina Pektor herausgegeben wurde und 2012 im Verlag Jung und Jung erschienen ist.
Wiener Zeitung, Johann Werfring
Peter Handke und die höllische Himmelfahrt der Worthülsen. "Jeder Satz für die Katz": Helmut Wiesner und Hans Hoffer würdigen frühe Stücke in einer Performance. Sehenswert. „Der Himmel dröhnt von Metaphern", diesen Satz aus einem Gedicht Osip Mandelstams hat Peter Handke seinem Stück „Weissagung" (1964) vorangestellt, in dem er die Sprache auseinandernimmt und beweist, dass das meiste, was wir so reden, schreiben oder denken, Worthülsen sind: „Die Fliegen werden sterben wie die Fliegen, der Stier wird brüllen wie ein Stier, Gary Cooper wird gehen wie Gary Cooper" usw. Helmut Wiesner und Hans Hoffer zeigen im Theatermuseum zur laufenden Handke-Ausstellung eine Hommage an den Dichter unter dem Titel „Jeder Satz für die Katz" mit Ausschnitten aus „Weissagung", „Das Mündel will Vormund sein" und „Kaspar". Der witzigste Einfall dieser Aufführung ist möglicherweise unbeabsichtigt: Von jedem einzelnen Platz im Eroica-Saal blendet einen das Licht des Projektionsapparats, Handkes Verhörlampe scheint den Besucher zum Geständnis zu zwingen: Ja, ich habe gesündigt und Banalitäten geschwätzt.
Die Presse, Barbara Petsch