Seit der Erfindung der mechanisierten Bildproduktion benützt das Theater deren Techniken, um einen möglichst großen Publikumskreis mit Hilfe der Bilder in die Welt des Theaters zu locken und zu verleiten, oder aber um über Theateraufführungen zu informieren – auf die schlichteste Art und Weise mittels eines gedruckten Theaterzettels. So kann die Druckgrafik von höchstem künstlerischem Anspruch wie auch ein bloß mit Zahlen und Namen bedrucktes Blatt Papier sein, dessen Informationswert allerdings groß sein kann.
Ein wesentlicher Schwerpunkt der grafischen Sammlung des Österreichischen Theatermuseums ist die höfische Festkultur der Barockzeit mit ihren fantasievoll choreografierten Rossballetten, den prunkvollen Schiffs- und Wagenzügen zu Wasser und zu Land und ihren den jeweiligen Herrscher verherrlichenden Festopern. Bedeutende Künstler wie Lodovico Burnacini, Jacques Callot, Giuseppe Galli-Bibiena, Ferdinando Tacca oder Alfonso Parigi und andere schufen eine Reihe hervorragender Stichfolgen, die das barocke Ausstattungswesen mit seinem streng symmetrischen Kulissenaufbau und seinen mechanischen Apparaturen für die Himmelserscheinungen eindrucksvoll dokumentieren. Die parallel dazu existierende populäre Theaterkultur – die Commedia dell’arte oder die Hanswurstiaden im deutschen Sprachraum – ist ebenfalls durch großartige Bilddokumente vertreten.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet das 19. Jahrhundert: Hier nimmt das Alt-Wiener Volkstheater der Biedermeierzeit einen besonderen Platz ein. Dass wir heute so gut über das optische Aussehen dieses Zauber-, Märchen- und Possentheaters informiert sind, verdanken wir Adolf Bäuerles Wiener Theaterzeitung (1806–1859). Seit etwa 1833 waren ihr zart farbige Szenen-Illustrationen beigelegt, auf denen all die in Wiens Vorstadttheatern gespielten Aufführungen von Stücken so genialer Schauspieler-Autoren wie Johann Nestroy, Ferdinand Raimund oder der damals sehr beliebten, aber heute weniger bekannten Theaterautoren wie Carl Meisl und Adolf Bäuerle in kongenialer Weise vom Zeichner Johann Christian Schoeller festgehalten wurden.
Eine beeindruckend große Anzahl von Figurinen sowie Rollenporträts oder auch von zivilen Schauspielerporträts rundet diesen Sammlungsblock ab und lässt die wichtige Funktion des Theaters in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts erkennen.
Das 20. Jahrhundert ist in der Theatergrafik kaum mehr präsent. Hat die Druckgrafik im 19. Jahrhundert – trotz der sich bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anbahnenden Konkurrenz der Fotografie – noch die Funktion der Bildberichterstattung für das Theater erfüllen können, so übernimmt die Theaterfotografie diesen Aufgabenbereich im 20. Jahrhundert vollständig. Nur um die Jahrhundertwende ist ein letzter, auch künstlerisch wertvoller Aufschwung in der Druckgrafik zu erkennen: In der Plakatkunst entstehen hervorragende Theaterplakate namhafter Gestalter wie Alfred Roller, Emil Pirchan oder Otto Baumberger; in der Druckgrafik verwendet der englische Theaterreformator Edward Gordon Craig die traditionelle Technik des Holzschnitts, um seine abstrakten Bühnenvisionen grafisch beeindruckend darzustellen.
Ein weiterer wichtiger Sammlungsbereich sind Theaterzettel und Programmhefte von Wiener Theatern, aber auch von Theatern in den Kronländern der ehemaligen Donaumonarchie. Der älteste Theaterzettel der Sammlung stammt aus dem Jahr 1713 und ist die Ankündigung einer Hanswurstiade, gespielt von den „Teutschen Komödianten“, einer Schauspieltruppe des Josef Anton Stranitzky; als besonders wertvoll gelten die grafisch hervorragend, von Künstlern der Wiener Werkstätte gestalteten Programme des Kabaretts Die Fledermaus und anderer Jugendstilbühnen.
Montag - Donnerstag
10 - 16 Uhr
Freitag
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Terminvergabe ausschließlich nach mündlicher oder schriftlicher Voranmeldung.
Mag. Daniela Franke
Kuratorin
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