Im Berlin der Zwanzigerjahre entwickeln Bertolt Brecht und Erwin Piscator aus den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und der sozialen Spannungen der Weimarer Republik eine Bühnenform, die die gesellschaftliche Realität in ihrer ganzen Komplexität aufzeigen will.
Sie greifen dabei sowohl auf traditionelle Theaterformen als auch auf theaterfremde Darstellungsmittel zurück, um die dramatische Handlung zu unterbrechen und zu analysieren. Nicht zuletzt finden sie zu Wegen, die durch die technische Evolution eben erst eröffnet wurden.
Das politische Ziel ihres "epischen Theaters" ist die Aktivierung des Zuschauers zur Veränderung der Welt. Erwin Piscator, der durch den intensiven Einsatz des Films auf der Bühne berühmt geworden ist, schwebt die Idee eines hochtechnisierten "Totaltheaters" vor. Bertolt Brecht hingegen zieht sich auf die essentielle Einfachheit des Theaterpodiums zurück.
Die Einflüsse ihrer revolutionären Theaterkonzepte lassen sich bis in die Gegenwart verfolgen. So ist z. B. in jüngster Zeit Lars von Triers vieldiskutierter Film "Dogville" in vielfacher Weise dem epischen Theater verpflichtet.
Die Ausstellung im Österreichischen Theatermuseum zeigt anhand von einigen der epochemachenden Inszenierungen Brechts und Piscators die Entstehungsphase des epischen Theaters. Aufführungsfotos, Bühnenmodelle, kaum bekanntes Filmmaterial und Tondokumente vermitteln ein lebendiges Bild dieser Erneuerungsphase des Theaters. In diesem Zusammenhang sind auch Arbeiten von George Grosz, John Heartfield, László Moholy-Nagy, Walter Gropius und Caspar Neher zu sehen.