Die Öffnung Japans 1854 und die Präsentation japanischer Objekte auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts in London, Paris und Wien lösten in Europa eine Begeisterung für alles Japanische aus, welche die bildenden und angewandten Künste nachhaltig beeinflusste. Ein so populäres und vor allem optisch reizvolles Sujet konnte und wollte sich das Theater nicht entgehen lassen. Das Fremde verschmolz mit dem Imaginären und brachte die unterschiedlichsten Bühnenwelten hervor: von pseudojapanischem Ausstattungskitsch über romantische Verklärung und exotisch-erotische Wunschvorstellungen bis hin zu bühnentechnischen Neuerungen und darstellerischer Stilisierung nach japanischem Vorbild. Mit Blick auf die traditionellen Theaterformen Japans widmet sich die Ausstellung dem Japonismus als Inspirationsquelle für die europäische Bühne.
Mit Japans Sonnenenergie zurück in die Antike
DER STANDARD, Ronald Pohl
Die brillante Schau "Im Rausch der Kirschblüten. Japonismus auf der Bühne" im Wiener Theatermuseum. (...) Die Schau (...) verknüpft ebenso anschaulich wie exemplarisch die Bedeutungsstränge der Nippon-Begeisterung anno 1900.
Ein reger Handel mit Stereotypen fand seine Absatzmärkte auf Europas Amüsiermeilen. Von der Prater-Rotunde der Wiener Weltausstellung (1873) aus traten "Original-Japanesen" und Teehausbesitzer ihren Siegeszug an. Und Japan lieferte. Neben Holzfächern und Kimonos exportierte man das eigene, zeremonielle Theater. Häufig genug mussten Europäer mit verbilligten und verfälschten Kulturgütern vorlieb nehmen. Die Ateliers in Tokio und Yokohama arbeiteten auf Hochtouren. Die "Yokohama" -Fotografien bilden denn auch einen willkommenen Blickfang in der von Elisabeth Truxa gestalteten, von Daniela Franke mustergültig kuratierten Ausstellung.
Als unsere Theater sich in Japan verliebten.
Die Presse, Wilhelm Sinkovicz
(...) Das entsprach der Modeerscheinung, eben jenem Japonismus, dem das Wiener Theatermuseum eine zauberhafte Ausstellung widmet, begleitet von einem noch zauberhafteren, liebevoll gestalteten und japanisch gebundenen Katalog. Die Bestände des Hauses sind reich an pittoresken Zeugen für die Japanophilie, die nach der Öffnung des fernöstlichen Inselstaates gen Westen Europa infiziert hat. Man konnte sich nicht sattsehen an der Pracht japanischer Stoffe, Bilder, imitierter japanischer Malerei und Poesie.
Theatermuseum: Neue Schlichtheit und "Rausch der Kirschblüten".
APA, Wolfgang Huber-Lang
Während sich das Theatermuseum im Wiener Palais Lobkowitz in seiner neuen Ausstellung über den Japonismus auf der Bühne ab morgen dem "Rausch der Kirschblüten" hingibt, regiert in seinem Namen und seinem Coporate Design künftig eine neue Schlichtheit. Die "gespaltene Identität" des Hauses zwischen Museum und Archiv mit über zwei Millionen Objekten, zwischen der Vergänglichkeit des Theaters und dem nach Bewahrung strebenden Museum soll "mit einem Schuss Modernität und Lebendigkeit und einem etwas theatralischeren Profil" abgebildet werden. In das 19. Jahrhundert zurück führt die neue Sonderausstellung. Der Japan-Hype, der in den 1880er Jahren aufgrund von Reiseberichten aus dem für Europäer exotisch anmutenden fernen Land die Kultur Mitteleuropas erfasste und durch die Weltausstellungen in London, Paris und Wien noch befördert wurde, schlug sich auch auf der Bühne nieder. Einerseits befasst sich die Ausstellung mit den japanischen Theater-Traditionen des No und des Kabuki, anderseits mit ihrer Transformierung durch die oft reich ausgestatteten Reiseberichte und deren Weiterführung im europäischen Theaterschaffen. Die auch optisch ansprechende Ausstellung wird von einem wunderbaren Katalog sowie Veranstaltungen von der Tee-Zeremonie bis zu No-Theater-Vorführung begleitet.